Lukas Aster: Meine Motive, mich als Christ für grüne Politik zu engagieren

oder: Warum die politischen Konsequenzen aus dem Sündenfall von Kain und Abel für mich grün sind

Der Sündenfall von Kain und Abel ist modern

Das Buch Genesis erzählt die urtypische Geschichte eines Sündenfalls: Kain und Abel sind Brüder, wie sie gegensätzlicher nicht sein können: Sie haben unterschiedliche Mentalitäten und Bedürfnisse und vor allem: Der eine, Abel, ist ein wirtschaftlich erfolgreicher Ackerbauer, während der Schafhirt trotz aller Opfer auf keinen grünen Zweig kommt.
Wo der Erfolg nicht gedeiht, wachsen Neid und Hass. Kain lockt Abels aufs Feld und erschlägt ihn. Er hofft so, das größte Hindernis für den eigenen Erfolg aus dem Weg geräumt zu haben. Doch schon bald muss der Brudermörder Kain erkennen, dass auf einem Schlachtfeld keine Früchte gedeihen können, weil die Erde mit Blut getränkt ist, nach heutigem Sprachgebrauch „verbrannte Erde“ ist. Außerdem muss er damit leben, öffentlich gebrandmarkt zu sein, sein Ruf ist dahin und sein Frieden auch, fortan ist er auf der Flucht und geht in ein unfruchtbares Exil. Sein künftiges Wirtschaften wird sich gründlich von der Kreislaufwirtschaft des Ackernbauern Abel unterscheiden: Weil der karge Boden nicht genug hergibt, wird er fortan auf Beutezüge angewiesen sein. Er nimmt ohne zu fragen und ohne etwas zurück zu geben, es ist ein Ausbeutungs- und Kriegswirtschaft, mit der er sich und seine Familie am Leben erhält.
Dieses aggressive Handeln auf Leben und Tod erweckt bei Kains Nachbarn erst Angst- und dann Rachegefühle. Nur durch eine hochgerüstete und militante Abwehrstrategie kann Kain sie auf Abstand halten. Lamech, Sohn des Kain, verkündet folgerichtig: „Wird Kain siebenfach gerächt, dann Lamech siebenundsiebzigfach.“ (Gen 4,24) Die Abschreckungspolitik ist geboren – und mit ihr auch die Angriffslust.

Alle  Gesellschaften tragen die Prinzipien von Kain und Abel in sich

Die Gesellschaften aller Zeiten sind Kain und Abel zugleich; sie tragen zwei gegensätzliche Wirtschaftsstrategien und politische Handlungsweisen in sich.

Die modernen Staaten sind Kain: In ihnen wird Ausbeutungswirtschaft betrieben, um als System überleben zu können. Ihre Bosse beuten Menschen als Arbeitskräfte aus, um Kosten bei der Produktion zu sparen. Sie rauben die Ressourcen der Erde, um den Energiehunger mit Öl, Erdgas, Steinkohle, Braunkohle und Uran zu stillen. Das Kreislaufdenken des alten Ackerbauern Abel verstehen sie nicht, weil sie mental nur noch von der Hand in den Mund denken – wie uns die aktuelle „Fracking“-Diskussion eindrücklich zeigt. Auch die Atommüll- und CO2 – Emmsion ist von nachhaltigen Lösungsstrategien weit entfernt. Ihre Beutewirtschaft ist schnelllebig, friedlos und konfrontativ, produziert wenige Gewinner und viele Verlierer, „siebenundsiebzigfach“ vor allem bei jenen, die sich ihnen in den Weg stellen oder die als prekäre Menschen leichte Beute sind. Als Räuber im Staat geben sie sich ihre eigenen Gesetze und legen sie nach eigenem Gutdünken aus.

Die modernen Staaten sind aber auch Abel: Sie treiben eine intensive Kreislaufwirtschaft, nicht nur beim Recycling. Bei der Versorgung durch die Landwirtschaft fängt es an, prägt den industriellen Sektor und die vielfältigen Dienstleistungen, die alle zusammen unser Leben lebbar und erlebbar machen. Jeder arbeitende Mensch hofft, für das, was er für andere tut, etwas zurückzubekommen – etwas, das er sich selbst nicht geben kann: Geld, eine gute Ausbildung für die Kinder, ärztliche Versorgung, Beratung, eine Handwerkerleistung usw. Grundlage dieser Hoffnung ist weniger der Arbeitsvertrag, sondern zuallererst die Erfahrung, dass einem selbst als Kind vorher von den Eltern Hilfen gegeben worden sind, die man nicht zurückzahlen kann. Wo aber diese mütterliche und väterliche Erfahrung nicht eingeholt, abgewertet oder sogar negiert wird, kann es für Menschen schwierig werden, vertrauensvoll in positive Wirtschaftskreisläufe einzutreten. In jedem Fall brauchen junge Menschen Hilfen, um dort hineinzuwachsen.

Kain oder Abel zu sein, muss jede(r) Einzelne für sich täglich neu entscheiden.

Jeder Mensch kann Kain oder Abel sein; er muss sich immer neu entscheiden, wem er seine Stimme gibt. Er entscheidet, ob er in Kreisläufen denken und leben will oder ob er nur aufs schnelle Geld aus ist. Aber er sollte wissen: Hinter dem Turbokapitalismus verbirgt sich mehr als „nur“ eine Finanzkrise, dahinter verbirgt sich Kains Beutewirtschaft, kriegerisch, umweltfeindlich, auf die eigene Lobby fixiert. Dabei ist es grundsätzlich egal, ob es sich konkret um Waffenlieferungen, Millionenbeiträge in Steueroasen, eine Schachtel Käfigeier oder um einen Mäckes in Xanten handelt. Viel wichtiger ist es, dass sich jede(r) Wahlberechigte für eine Politik entscheidet, die den Bedürfnissen aller Beteiligten Rechnung trägt –  den Armen zuerst – und sie in die Kreisläufe so gut wie möglich einbindet.

Ich engagiere mich für grüne Politik, weil grüne Politik genau diesen Anspruch hat, nämlich die Kreisläufe in Einklang mit der Natur und den Menschen positiv zu verändern und auszubauen. Ich kapituliere nicht vor den Beutejägern in Wirtschaft und Politik, die es immer geben wird. Ich möchte aber, dass der alte Acker von Abel wieder Frucht bringen kann für Mensch und Tier.  Als Grüner stelle ich mich den Erdausbeutern entgegen und setze mich für Energien ein, die sich erneuern. Ich trete für eine Verkehrspolitik ein, die Rücksicht nimmt auf die Natur und die den Frieden mit den Betroffenen sucht. Ich trete außerdem ein für die Wertschätzung aller Arbeit, die nicht aus Profitgier geschieht, sondern für die, die als Erwerbsarbeit, Arbeit in der Familie und ehrenamtliche Arbeit schon immer die eigentliche Stütze unserer Gesellschaft ist.

Es wird eine starke Opposition brauchen, damit sich der alte Sündenfall nicht ständig wiederholt. Deshalb: Wählt Grün für den Kreis Wesel und Grün für Europa.

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