Hambi bleibt – vorerst. Und über 50.000 Menschen feierten auf der Kundgebung vom 6.10. diesen so wichtigen Etappensieg. Und wem haben wir den Rodungsstopp zu verdanken? Sicher spielten die Umweltverbände eine zentrale Rolle, um den gerichtlichen Aufschub zu erwirken. Politische Bemühungen der vergangenen Jahre taten das Ihre, um gesetzliche Grundlagen für den Naturschutz zu schaffen. Die wichtigsten Akteure sind aber zweifellos die Baumbewohner gewesen, die durch ihre konsquente Art und ihre Zähigkeit bei Regen und Sturm, bei Hitze und Kälte sechs Jahre ihrer Lebenszeit gegeben haben, um auf die himmelschreiende Landschaftszerstörung im Hambacher Forst hinzuweisen. Innenminister Reul hat nichts unversucht gelassen, sie zu kriminalisieren und die Klimaschutzbewegung zu spalten. Und Ministerpräsident Armin Laschet war vorne mit dabei, als Erfüllungsgehilfe von RWE voreilig Fakten zu schaffen, bis auch er durch die Gerichtsentscheidungen in die Schranken gewiesen wurde. Genützt hat es ihnen nichts. Im Gegenteil. 50.000 Menschen jeglichen Alters – und es sind noch viele Tausende mehr! – haben nun öffentlich anerkannt, dass die Natur unserer Erde keine Sache mehr ist, die man hinter den Zäunen des Privateigentums nach Belieben verfeuern und vergewaltigen darf. Die Baumschützer haben den Hambi zu einem positiven Symbol für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen und einen wirksamen Klimaschutz gemacht, sie sind Fürsprecher geworden! Der eigentliche Waldbesetzer und -zerstörer ist ja RWE. Es stünde den Herren Laschet und Reul deshalb gut an, diese Lebensleistung der Aktivisten endlich öffentlich anzuerkennen und sich zu entschuldigen, wenn es ihnen um eine gemeinsame Gesprächsgrundlage in der Kohlekommission wirklich ernst ist.
Der Kampf um das Klima lässt sich nur gemeinsam gewinnen, durch einen Konsens und nicht durch Spaltung. Deshalb ist das konservative und wirtschaftsliberale Spektrum unserer Gesellschaft aufgefordert, nicht nur die eigenen Vorstellungen bezüglich des Klimaschutzes zu überdenken. Auch das Recht auf Eigentum, privat oder gewerblich, muss wieder neu in Einklang gebracht werden mit den zivilgesellschaftlichen Herausforderungen des Klimawandels. Wer auf seinem Grundstück einfach jahrzehntelang weiter baggert, ohne sich um den Rest der Welt zu kümmern, muss sich nicht wundern, wenn der Rest der Welt irgend wann zu ihm kommt und den Bagger still legt. Das gilt auch für die hiesige Kiesindustrie, die unsere wertvolle Landschaft zerstört!
A propos Privateigentum: Die Landschaftspflege fängt im eigenen Vorgarten an. Und sie kann sich nicht darauf beschränken, einen Fahnenmast aufzustellen und alles zuzupflastern. Was soll auf der niederrheinischen Flagge denn zu sehen sein? Rote Doppelgarage hinter weißem Vorgarten auf grünem Grund, passend zu den Landesfarben? Kann ich denn in meinem Vorgarten nicht machen, was ich will? Wohl kaum. Denn ohne Rücksicht auf das Ganze, egal ob sich um das Klima zwischen den Nachbarn oder um das Weltklima handelt, geht es eben nicht. Es sei den Konservativen ins Stammbuch geschrieben, dass sie sich jetzt entscheiden müssen, ob sie sich in angemessener Weise auch privat am Klimaschutz beteiligen oder sich weiterhin verweigern und in verhängnisvoller Reichsbürgermanier ihr eigenes Ding durchziehen, ohne Rücksicht auf Verluste.